Gitarre lernen mit Zacky und Bob Rezension

Wilder Ritt durchs Notenland

Gitarrenbuch Zacky und Bob im Praxistest

Gitarrenschulen für Kinder ab 8 Jahren gibt es einige. Die meisten setzen stark auf Noten-orientiertes Gitarrenspiel – andere klammern das Thema dagegen ganz aus und rücken Akkorde und Tabs in den Mittelpunkt.
Gitarre lernen mit Zacky und Bob:
Lehrbuch im Comic-Stil
„Gitarre lernen mit Zacky & Bob –Band 1“ (Schott) von Peter Autschbach versucht sich am Mittelweg: Noten und Tabulatur in trauter Zweisamkeit. Bunte Cartoons, flockige Schrift und ein – laut Vorwort – lang durchdachtes Konzept sorgen für einen Exoten unter den Gitarrenbüchern.

Kombination aus Tabs und Noten

Der renommierte Gitarren-Autor Autschbach schickt seine zwei „Helden“ Zacky und Bob – 2 Jungs, einer lang, dünn und (über-)ehrgeizig, der zweite (man ahnt es schon) klein, dick und „sein Motto lautet 'cool bleiben'“ – in 6 Kapiteln auf 108 Seiten auf eine abenteuerliche Reise durchs wilde Noten/Tabs/Akkorde-Land:
Tabs und Noten - aber keine Liedtexte
  1. Kinderleicht
  2. Von Hoch nach Tief
  3. Mehr Spaß
  4. Liedbegleitung
  5. Solostücke
  6. Bühne frei!
Hinter den wenig aussagekräftigen Titeln stecken jeweils zwischen 10 – 20 Lektionen die von Grundlagen des Gitarrenspiels bis zu zweistimmigen Stücken eine Menge Inhalt mitbringen (sollen).  
Der Clou dabei: Jedes Stück wird konsequent in einer Kombination aus Noten und Tabulatur dargestellt. Ausführliche beschreibende Textpassagen und zahlreiche, bunte Cartoons runden das Erscheinungsbild ab. Sogar Griff-Bilder sind im Comic-Stil gehalten – hier wird auf beste Unterhaltung gesetzt.

Zu viel und viel zu oberflächlich

Von Anfang an hält Autschbach das Lerntempo hoch. Zu hoch, finde ich. Ein Beispiel:
  • Seite 12/13 – Leersaiten mit Noten, Halbe und Viertel, Halbe Pause, Plektrum und Daumenanschlag gemischt
  • Seite 14/15 – Akkord E-Moll, gegriffene Töne (3. Finger), PIMA-Zupffinger, Daumen-Finger-Wechselschlag, Zweistimmiges Ensemble-Spiel
  • Seite 16/17 – Fünfton-Raum, Gegriffene Töne mit Fingern 1 und 3 und Leersaiten gemischt, C-Dur-Tonleiter bis zur Quinte, Ensemblespiel mit Plektrum- und Finger-Anschlag, Notenrätsel
Bemüht jugendlich - aber wenig kindgerecht:
"Zacky und Bob" "segeln" am Thema vorbei
...puh... was für ein Ritt!? Wer schon einmal beobachtet hat, wie schwer Griffwechsel zwischen 1. und 3. Finger für Kinder zu lernen sind; wie mühsam Koordination von Greif- und Zupfhand geübt werden muss; wie komplex Rhythmik ins Gefühl zu kriegen ist, dem wird schnell klar, welch enormes Frust-Potenzial die oberflächlichen Lektionen bergen. Wo andere auf viele kleine Lieder setzen um Erklärtes zu vertiefen, hetzen Autschbachs Comic-Figuren von Thema zu Thema.

 

Am Thema vorbei „gesegelt“

Wer sich bis Seite 70 (!) durchgekämpft hat, wird schließlich mit dem ersten Lied zum Mitsingen (bei dem der Text mit im Buch abgedruckt ist) belohnt. Es ist auf Englisch (sic!): „I am Sailing“ lautet der Titel und bildet zusammen mit Autschbachs „Die Polizei hat frei“ das einzige zum Singen aufbereitete Liedmaterial im gesamten Buch.

 

FAZIT

+Noten und TABS gleichzeitig
-wenig Kind-gerechte Didaktik
-kaum schönes Liedmaterial
-Rollenbild von Vorgestern
Den ersten Zugang zum eigenen musikalischen Ausdruck finden Kinder über den Gesang. Wer das Thema ausblendet, ignoriert den wahrscheinlich wichtigsten Baustein musikalischer Entwicklung von Schülern. Da helfen weder bunte Klischee-Figuren noch der Verweis auf den Gitarrenlehrer im Vorwort.

Schon klar: „Gitarre lernen mit Zacky& Bob“ eignet sich nicht zum Selbststudium. Es eignet sich aber leider auch kaum für Gitarrenunterricht. Um Spieltechnik zu vermitteln, ist Autschbachs „moderne Gitarrenschule für Kinder und Jugendliche ab 8 Jahren“ dagegen wohl geeignet – wenn der Gitarrenlehrer auch genügend Material zum Spielen, Singen und Spaß an der Musik haben mitbringt.

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